Bundesweit sollen rund 85 Millionen Verträge für Lebensversicherungen bestehen. Ob so ein Vertrag für die Altersvorsorge wirklich noch sinnvoll ist, hängt von vielen Fakten ab:
Lebensversicherung: Sinnvoll oder nicht
Das ist doch kein Problem, wenn die gesetzliche Rente später nicht so hoch ausfällt. Ich habe immer noch meine Lebensversicherung. Ein Vertrag, in den ich seit Jahren Geld eingezahlt habe und der mir eine gute Altersvorsorge einbringt. So denken viele Menschen, die meistens schon in jungen Jahren eine Lebensversicherung abgeschlossen haben, um sich damit für ihr Alter abzusichern.
Da die gute alte Lebensversicherung jedoch längst nicht mehr das ist, was sie mal war, hat sich auch das geändert, was Anleger über Policen denken. Dazu einige hilfreiche Informationen:
Video: Lebensversicherung – sinnvoll oder nicht?
Lebensversicherung: Drei Punkte zur Police
Ursprünglich der Inbegriff der sicheren Altersvorsorge, hat sich das Image der Lebensversicherungen im Laufe der letzten Jahre erheblich verändert. Ja, häufig sogar zum Negativen, woran die niedrigen Zinsen Schuld sein sollen. Je weiter sie nach unten gehen, desto eher gelten Lebensversicherungen als unrentabel. Vor diesem Hintergrund fragen sich viele Versicherte, was sie mit ihrem Vertrag machen sollen. Oder ob sich der Abschluss einer neuen Versicherung noch lohnt.
Für die Beantwortung dieser Fragen sind drei Punkte wichtig:
- Laufende Police: Ein Blick in den Vertrag beantwortet die Frage, was einem die Versicherung für die Altersvorsorge wirklich bringt.
- Neuabschluss: Hierzu sollte sich der Interessierte vorab informieren, bevor er heutzutage noch einen neuen Vertrag für eine Lebensversicherung abschließt.
- Alternativen zur Altersvorsorge: Vor dem endgültigen Ja zu einer neuen Lebensversicherung ist es sinnvoll, sich mit der Frage zu beschäftigen, welche anderen Formen der Altersvorsorge es gib.
Lebensversicherung: Neue Verträge sinnvoll
Wer bisher noch keine Lebensversicherung abgeschlossen hat, der sollte zum Beispiel bedenken, dass die Kosten für den Abschluss und die Verwaltung momentan unverhältnismäßig hoch sind. Dagegen fallen die zu erwartenden Zinsen sehr niedrig aus. So liegt der Garantiezins, also die Verzinsung, die der Anbieter fest verspricht, derzeit bei höchstens 0,9 Prozent.
Noch weitere Fakten sorgen dafür, dass Interessierte oftmals Abstand von einem neuen Vertrag nehmen:
- Die Überschüsse aus der Lebensversicherung, die eigentlich für die Wertsteigerung eines solchen Vertrages sorgen sollen, sinken seit Jahren.
- Einige Anbieter der Lebensversicherungen liegen unter der Höchstgrenze der Garantiezinsen. Sie bieten ihren Kunden nur Spannen von 0,2 bis 0,75 Prozent an.
- Die Garantieverzinsung weist folgendes Problem auf, das in Verträgen oft nicht deutlich wird: Sie bezieht sich nicht auf den Gesamtbeitrag, den ein Versicherter einbezahlt. Es wird nur ein Sparanteil mit dem Garantiezins verrechnet.
- Dieser Sparanteil bleibt aber erst dann übrig, nachdem vom Beitrag die Abschlussprovision sowie die Kosten für Verwaltung und Todesfallleistungen abgezogen worden sind.
Lebensversicherung: Infos zum Garantiezins
Trotz dieser Bedenken lag die Abschlusskostenquote für Lebensversicherungen in 2015 bei immerhin noch 4,9 Prozent. Neben der Risikolebensversicherung, die lediglich der finanziellen Absicherung für den Erlebensfall der Rente dient, entscheiden sich die meisten Personen für diese klassische Form der Kapitallebensversicherung. Diese dient dem Sparen von Geld und der Altersvorsorge. Wird dann der Renteneintritt tatsächlich erreicht, dann schüttet der Versicherer die vorher vom Kunden eingezahlten Beiträge plus Zinsen aus.
Dazu erhält der Anleger eine Mindestverzinsung, die sich in den vergangenen Jahrzehnten aber nach unten verändert hat: Nach einem jahrelang mittleren Stand von 1,75 Prozent liegt der Garantiezins, auch Höchstrechnungszins genannt, seit Januar 2017 bei 0,9 Prozent. Noch in den 1980er Jahren war ein Garantiezins von um die vier Prozent möglich.
Lebensversicherung: Veränderungen beim Garantiezins
Dass der Garantiezins seit fast 20 Jahren bergab geht, hat Gründe: Es wird den Versicherern auferlegt, Teile der Kundengelder in sicheren Anlageformen, etwa Anleihen von Staaten mit sehr hoher Bonität, anzulegen. Die Renditen dafür sind aber seit Jahren niedrig.
Dazu kommen noch folgende Punkte, mit denen Anbieter von Versicherungen derzeit konfrontiert sind:
- Viele Unternehmen haben Probleme, die Zinsen auch wirklich zu erwirtschaften.
- Ist die Vertragslaufzeit erreicht, soll es den sogenannten Schlussüberschuss und eine Beteiligung an den Bewertungsreserven des Unternehmens geben.
- Dieser Überschuss beträgt etwa 20 Prozent der Rendite von Lebens- und Rentenversicherungen. Er ist aber nicht garantiert, sondern hängt von der Situation des Unternehmens ab.
- Erheblichen Einfluss auf den Gewinn haben Kosten der Policen und die Verwaltungskosten, die die Renditen nach unten drücken können. Ohne Verwaltung und ähnliches würde die Gesamtverzinsung durchschnittlich um 0,79 Prozentpunkte höher ausfallen.
Nach wie vor hat eine Lebensversicherung jedoch auch entscheidende Vorteile:
- Sparer genießen eine hohe Sicherheit, da sie Beiträge mit einem geringen Risiko anlegen.
- Die Beiträge werden am Ende der Laufzeit mindestens mit dem festgelegten Zinssatz ausbezahlt.
- Außerdem ist die Lebensversicherung sinnvoll, um Hinterbliebene für den Todesfall abzusichern.
- Stirbt der Kunde, geht das Geld der Lebensversicherung zum Beispiel an seinen Partner, an Kinder, Geschwister oder andere in der Police festgelegte Personen.
Neben der klassischen Police gibt es für jene, die mit ihrer Anlage einen guten Gewinn für sich oder für ihre Hinterbliebenen machen wollen, auch die fondsgebundene Alternative. Hierbei lässt sich über die Beiträge, die in einem Fond angelegt sind, während der Laufzeit eine bessere Rendite erzielen als bei der klassischen Form. Dabei haben Kunden aber auch hier die Option, einen Betrag zur späteren Auszahlung festzusetzen.
Lebensversicherung: Rücklagen und Zuschüsse
Damit eine Lebensversicherung zukünftig ihre Garantien und Zuschüsse erfüllen kann, hat ihnen der Gesetzgeber die sogenannte Zinszusatzreserve auferlegt. Die Versicherer müssen diese Rücklagen von sich aus bilden, weil sie wahrscheinlich in den nächsten Jahren die Zinsen nicht aus ihrem laufenden Geschäft finanzieren können. Seit 2011 haben die Versicherungen rund 45 Milliarden Euro in dieser Reserve angelegt. Für 2017 erwartet die Versicherungswirtschaft, dass weitere 20 Milliarden in dem Topf landen. Eine Menge Geld, wie viele Versicherte denken.
Lebensversicherung: Infos zu niedrigen Zinsen
In der Praxis ist das Geld aber oftmals schon verplant, bevor es in die Rücklagen einfließen kann, da viele Versicherungen das Geld benötigen, um die hoch verzinsten Altverträge zu bedienen. Außerdem kommt es durch die Phase der Niedrigzinsen immer häufiger vor, dass auch neuere Verträge aus den Reserven bezuschusst werden. So werden seit 2017 auch Verträge mit Garantiezinsen von 2,8 Prozent aus dem Reservetopf bedient, was dann wiederum die Aussichten für die Überschussbeteiligungen für Neuverträge schmälert.
Das ist aber nicht die einzige Folge der Niedrigzinsphase. Vielmehr hat die Bundesbank bereits 2014 ausgerechnet, was passieren würde, falls die Zinsen bis 2023 niedrig blieben. Das Ergebnis: Drei von 85 Lebensversicherern könnten ihren Verpflichtungen nicht mehr nachkommen und wären wohl auf staatliche Sicherungsmaßnahmen angewiesen. Falls die Zinsen dann noch länger sinken, wären gemäß der Bundesbank sogar 13 Versicherer gefährdet.
Video: Warum kündigen Kunden ihre Lebensversicherung?
Lebensversicherung sinnvoll: Kündigen oder behalten
Die weit verbreitete Behauptung, dass sich die Lebensversicherung nicht mehr lohnt, ist nicht immer richtig. Haben Personen zum Beispiel eine ältere Police, die vor dem Jahr 2000 abgeschlossen worden ist, liegt der Garantiezins häufig bei drei oder gar vier Prozent. Eine solche hohe Verzinsung erhalten die Anleger heute nirgendwo.
Darüber hinaus sollten sie auch die folgenden Aspekte bedenken:
- Bei vor 2005 abgeschlossenen Altverträgen ist zu beachten, dass sie bei der Auszahlung im Alter steuerfrei sind, sofern der Vertrag mindestens zwölf Jahre bestanden hat.
- Eine Kündigung eines laufenden Vertrags ist fast immer mit erheblichen Verlusten verbunden.
- Viele alte Verträge haben hohe garantierte Zinsen und sind daher heute eine sehr gute Geldanlage.
- In vielen alten laufenden Verträgen ist noch eine Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung enthalten, die mit einer Vertragskündigung ebenfalls vorzeitig beendet werden würde.
- Tendenziell gilt: Wer seinen Altvertrag ziemlich kontinuierlich bespart hat, für den lohnt es sich nach wie vor, den Vertrag beizubehalten.
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